Mario Puzo - Narren sterben by Mario Puzo - Narren sterben

Mario Puzo - Narren sterben by Mario Puzo - Narren sterben

Autor:Mario Puzo - Narren sterben [Puzo, Mario]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783955306281
Herausgeber: Edel eBooks
veröffentlicht: 2015-05-01T16:00:00+00:00


25

Der Pudel mit der erotischen Ausstrahlung war nicht gestorben, also drang die Dame nicht auf Bestrafung des Täters. Es schien ihr nichts auszumachen, daß sie geschlagen worden war, oder sie und ihr Gatte nahmen es nicht wichtig. Möglicherweise hatte sie es sogar genossen. Sie schickte Osano ein paar freundliche Zeilen, solcherart die Tür zur Versöhnung offenlassend. Osano grunzte und warf das Briefchen in den Papierkorb.

„Warum gibst du ihr nicht eine Chance?“ sagte ich. „Vielleicht ist sie eine gar nicht so uninteressante Person.“

„Schlägertypen bei Frauen mag ich nicht“, sagte Osano. „Das Luder möchte, daß ich sie als Sandsack benütze.“

„Sie könnte eine Ersatz für Wendy sein“, sagte ich. Ich wußte, daß Wendy immer eine gewisse Faszination auf ihn ausübte, obwohl sie seit Jahren geschieden waren und trotz des vielen Ärgers, den sie ihm verursachte.

„O Gott“, sagte Osano. „Das ist genau das, was ich jetzt brauche.“ Aber er lächelte. Denn er wußte, was ich meinte: daß es ihm unter Umständen nicht mißfiel, wenn eine Frau geschlagen wurde. Doch er wollte mir zeigen, daß ich unrecht hatte.

„Wendy ist die einzige Frau, die mich je so reizte, daß ich sie schlug“, sagte er. „Die anderen gingen mit meinen besten Freunden ins Bett, stahlen mir mein Geld, legten mich bei den Alimenten rein, erzählten Lügen über mich, aber ich habe sie nie geschlagen, ja ich haßte sie nicht einmal. Ich bin gut Freund mit allen meinen Exfrauen. Nur diese verdammte Wendy ist ein eigener Fall. Eine eigene Kategorie für sich. Wenn ich mit ihr zusammen geblieben wäre, hätte ich sie eines Tages umgebracht.“

Aber die Pudel-Strangulation machte in allen literarischen Zirkeln New Yorks die Runde. Osano sorgte sich um seine Chancen für den Nobelpreis. „Diese Scheiß-Skandinavier sind große Hundefreunde“, sagte er. Und er heizte die Eigenkampagne für den Nobelpreis wieder dadurch an, daß er Briefe an alle seine Freunde und an die literarische Kollegenschaft schrieb. Außerdem schrieb er Artikel und Kritiken über die bedeutendsten literarischen Arbeiten und ließ sie in seiner Literaturbeilage erscheinen. Dazu Aufsätze über Literatur, die meiner Meinung nach der reinste Mist waren. Oft, wenn ich in sein Büro kam, arbeitete er an seinem Roman, füllte Seite um Seite gelblinierten Papiers – sein großer Roman, der einzige Text, den er mit der Hand schrieb. Alles andere tippte er mit zwei Fingern auf der Schreibmaschine, die er erreichte, wenn er auf seinem Drehstuhl hinter dem mit Bücherstapeln belegten Schreibtisch eine Wendung von neunzig Grad machte. Nie hatte ich jemand mit zwei Fingern schneller tippen sehen als ihn. Es klang wie das Rattern eines Maschinengewehrs. Und mit diesem Tempo bewältigte er Themen wie die Lagebestimmung des amerikanischen Romans, oder warum England auf dem Gebiet der Epik nichts Großes mehr hervorbringe, außer auf dem Gebiet des Agententhrillers, nahm er alle zuletzt erschienenen Werke auseinander und manchmal das Gesamtwerk von Leuten wie Faulkner, Mailer, Styron, Jones, kurz von jedem, der ihm den Nobelpreis streitig machen konnte. Er argumentierte so brillant, seine Sprache war so effektvoll, daß er einen überzeugte. Indem er all dieses Zeug veröffentlichte, zertrümmerte er seine Gegner und hielt das Feld für sich frei.



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